Liebe Leserin, lieber Leser,
wo das Positive bleibt? Nun, hier ist es. Mit dieser Ausgabe wollen wir Ihnen ein entspanntes Schmunzelviertelstündchen bereiten - vielleicht bei einer Tasse grünem Tee mit Blick auf blühende Kirschbäume vor strahlend blauem Himmel?! Ach ja, das Wetter. Bevor es bald wieder so richtig warm wird und man vor Schwüle nicht weiß wohin, sei noch einmal an die Unbilden des Winters erinnert - ein Beitrag aus dem eiskalten Korea von Michael Menke, der seinen Studierenden in der geheizten Eckkneipe deutsche Landeskunde ganz praktisch näherbringt.
Die Finanz-AG wird uns in einer Reihe von Artikeln in die Geheimnisse der erfolgreichen Verm¨gensplanung einweihen. Bevor es ans Eingemachte, also die schwierigen Ausdrücke geht, wird als Auftakt ein Loblieb auf das Sparen gesungen, denn auch dabei gilt: Gewusst wie!
Haben Sie auch schon einmal mit dem Gedanken gespielt, eins dieser superbilligen japanischen Reise-angebote auszuprobieren und es dann doch nicht gemacht? Till Weber (Okinawa) hat es gewagt und kennt jetzt so ziemlich alle Omiyage-Läden dies- und jenseits der Japanischen Alpen. Warum es trotzdem schön war, erfahren Sie in seinem Reisebericht. Und wo bleibt die Didaktik? Dafür sorgt wieder einmal unser Bastel-Peter (Tokyo) mit einem verblüffend einfachen Vorschlag für echten Erlebnisunterricht (Vorsicht: Satire!). Vom Höhenflieger wird er zum D-A-CH-Decker und feiert Richtfest mit seinen StudentInnen. Am Ende lobt er auch noch einen zünftigen Preis aus! Also: Mitmachen lohnt sich!
Gleiches gilt natürlich auch für die etwas ernster gemeinten Veranstaltungstermine, Martinas Shiso-Röllchen (aus Sendai!) und den nächsten Lektoren-rundbrief! Wenden Sie sich mit einem Beitrag für die nächste Ausgabe einfach direkt an ein Redaktions-mitglied. Annedore Hänel (Hokkaido) hat Japan leider verlassen und die Redaktion auf die handliche Größe von fünf Personen schrumpfen lassen: Sylvia Löhken (DAAD), Henning Hermann-Trentepohl (Tokyo), Michael Höhn (Kansai), Matthias Grünewald (Matsuyama) und Anne Gellert (Kumamoto). Und nicht zu vergessen unseren Layouter Frank Mielke (Tokyo), dem wir wieder herzlich für die Gestaltung dieser Ausgabe danken!
Übrigens: Der Lektorenrundbrief ist über das DAAD-Büro in Tokyo zu bekommen.
DAAD-Außenstelle Tokyo
Akasaka 7 - 5 - 56, Minato-ku, Tokyo 107-0052
Tel (03) 3582 - 5962
Fax (03) 3582 - 5554
email: [email protected]
Tips für einen handlungsorientierten DaF-Unterricht
von Peter Richter, Keio-Universität
Wer konnte diese Resonanz voraussehen? Da bastelt man sein ganzes Lehrerleben vor sich hin, und dann geht's im Tiefflug durch die DaF-Schallmauer! Ein herzlicher Dank an alle KollegInnen, die Flugmodelle ihrer Studenten geschickt haben, die Erfahrungsberichte und Erweiterungsvorschläge einsandten, die sich zu interaktiven Chat-Groups zusammenfanden etc. Der DAAD will gar ein Lektorenseminar zu dem Thema "Fliegen-Interkulturalität-Globalisierung" veran-stalten.
Doch auch die Kritik sollte man nicht verschweigen: Unsicherheit in der Begrifflichkeit, Mißachtung des außerjapanischen Diskurses, Machosprache und -gehabe, fehlende Kennzeichnung des Beitrags als Satire. Letztes trifft natürlich mitten ins Herz eines jeden engagierten DaFlers, und die Redaktion des Lektorenrundbriefes (eigentlich ja jede Redaktion, auch die der St.Pauli-Nachrichten) muß sich immer wieder die Fragen stellen: Was und wie benennen? Wieviel ist den LeserInnen zuzumuten? Wie halten wir unser Niveau? Meine schlichte Antwort: Weiterbasteln! In jedem von uns steckt ein Bastler!
Und in diesem Sinne heute ein neuer Vorschlag, ein Unterrichtsprojekt für die Landeskunde: "Hausbau unter besonderer Berücksichtigung des D-A-CHes". Man müßte es mir nicht allzu Krumm (s.Literaturhinweis) nehmen, wenn ich diesmal die Idee aus der Fachdiskussion geklaut habe: Als Material verwenden wir natürlich Pappe (Japanbezug!). Und schon tummeln sich unsere StudentInnen auf den einschlägigen Wortfeldern: Dachpappe - Dachdeckerin - Hausdrache - Hausmann - Hausl.
Das Thema "Wir bauen unser europäisches Haus" liegt bereits in didaktisierter Form vor (GI Tschurangrati): Wo wohnen die Deutschen? Wer wohnt im Keller? Wer sitzt auf dem Dach? Wer zahlt die Miete? Man könnte unterrichtsstundenlang so weiterkalauern, wenn ich nicht noch ein ganz ernstes Anliegen in diesem Projekt unterbringen (!) wollte: Beim D-A-CH fehlt die vierte Säule!
In Zeiten der fortschreitenden Regionalisierung vertrete ich mit Nachdruck die Einbeziehung von Mecklenburg-Vorpommern in den Landeskunde-Diskurs. Das gerade Deutsch, das südliche Österreichisch und das urige Schweizerisch schreien geradezu nach der Ergänzung durch das anheimelnde Plattdeutsch. Mein Heimatherz schlägt höher: Aus den Klassenzimmern der Todai höre ich das "Eikboomleed" von Fritz Reuter. Noch ist das Zukunftsmusik, aber bald...
Nichts ist unmöglich bei D-A-CH-DaF! Und Eure StudentInnen werden es Euch danken. Keine Angst vor dem Neuen! Das GI bietet für interessierte japanische und d-a-ch-sche Lehrkräfte neben dem "Weinseminar" ein "Kornseminar" mit einer kleinen Einführung in den begrenzten plattdeutschen Wortschatz an. Auch die Mecklenburger gehören unter das D-A-CH des europäischen Hauses! Vorbei die Zeiten, da man uns wie die Ainus Deutschlands behandelte! (Merkt Ihr's? Hervorrragende Möglichkeit, Euren Studenten die Versäumnisse Japans bei der Vergangenheitsbewältigung um die Ohren zu hauen). Nein, ich will mich nicht länger schämen müssen, ein Mecklenburger zu sein. Wir sind auch ein ganz normales Volk!
Doch: Das Kind braucht einen Namen. Ich sehe Euch schon herablassend schmunzeln. Das habe ich mir gedacht. Euch fällt natürlich nur PLATT-D-A-CH als Motto dieses erweiterten Landeskundemodells ein. Da sind sie wieder, die unausrottbaren Vorurteile: Frau sollte sich vorsehen, und das unmittelbar in die Unterrichtsplanung einbeziehen: Nur weil sie jemanden kennt, der mehr als der statistische Durchschnittsdeutsche verträgt, sind doch noch nicht alle Mecklenburger SäuferInnen!
Und überhaupt: Auf PLATT läßt sich vieles gediegener ausdrücken als auf HOCH. Damit kehren wir wieder zu unserem Bastelprojekt zurück: Sollte einmal eines der liebevoll von den Studenten gebastelten Häuschen (und geschickt sind sie ja, die Japaner!) doch in sich zusammenfallen, dann bietet sich das situations-bezogene und aus voller japanischer Kehle herausgebrüllte "So'n Schiet!!" an. Ihr solltet mitschreien! Das befreit, das gibt Luft, das entlastet und läßt sich leicht auf den gesamten DaF-Unterricht übertragen. Versucht es mal! Euer Bastel-Peter
P.S. Ich möchte einen Ideenwettbewerb für ein passendes Motto für das obige Projekt anregen. (Call for Ideas) Als Preis setze ich aus: 1 Flasche "Original Rostocker Kümmel".
Literaturhinweise:
Krumm, Hans-Jürgen: Landeskunde Deutschland, D-A-CH oder Europa? in: Info DaF, 25. Jahrgang, Nr.5, 1998.
Reuter, Fritz: Reuters Werke in zwölf Teilen, Berlin-Leipzig 1898.
von Till Weber, Okinawa
Ist es auch Ihr Wunsch, mehr von den Sehens-würdigkeiten unseres Gastlandes kennenzulernen; die hohen Reisekosten haben Sie aber öfters abgeschreckt? Mir jedenfalls geht es so, und so ließ ich mich auf das Wagnis ein, mich einer japanischen Packu Tsua anzuschließen, alles inklusive, Japan eingepackt mit 40 anderen Reise- und Sparwilligen. Flug von Okinawa nach Nagoya und zurück, rund 1000 km Busreise durch die zentraljapanischen Alpen, zwei Übernachtungen in (tatsächlich) hervorragenden Ryokan, Mahlzeiten (echtes Essen, kein Pamps), Eintritte, Reiseleitung, diverse Geschenklein, das alles für schlappe 50.000 Yen, einfach unwiderstehlich.
Es lief alles normal, wir fuhren im Bus aus Nagoya heraus, die Reiseleiterin redete - und redete, und redete, und redete. Wann immer wir aus einem Tal herausfuhren (und in Gifu-ken gibt es viele Täler!), kannten wir Einwohnerzahl, Wirtschaftskraft, Vornamen des Bürgermeisters und wußten, ob seine jüngste Tochter noch zu haben war. Nach drei Stunden hatte sie noch immer nicht innegehalten, schrill und übersteuert drang ihre Stimme in jede Ecke des Busses, der zwar über keine Toilette, aber über ein formidables Soundsystem verfügte. Eine Bordtoilette brauchen Sie übrigens auch nicht, denn Reis morgens, mittags und abends führt zu segensreichen Verstopfungen. Die Reiseleiterin unterbrach ihren Redestrom auch in den folgenden Tagen nur, wenn sie ein Bingo-Spiel oder ein Karaoke im Bus durchführte.
Die angesteuerten Sehenswürdigkeiten waren zu zahlreich, um aufgezählt zu werden. Zehn Minuten hier, 15 dort. Ganze 50 für die Altstadt von Takayama. Die Zeit war vor allem deshalb knapp, weil wir ja an jedem Tag mindestens ein halbes Dutzend Omiyage-Läden aufsuchen mußten. Dort gab es staubige Kekse in großen Boxen, klebriges Meeres-Etwas einge-schweißt und diversen Sake zum doppelten Seven-Eleven-Preis zu erstehen. Die Reiseleiterin verschwand jedes Mal in einem Kabuff, um mit der Betreiberfirma irgendwelche Dokumente auszutauschen. Langsam dämmerte es auch mir: Den Gewinn macht das Reiseunternehmen nicht mit den 50.000 Yen Fahrpreis, sondern mit saftigen Provisionen der unendlich großen Zahl der Souvenirläden, denen es die Kunden zuführt. Der alte (West)Berliner kennt das Prinzip: "Butterfahrt". Deshalb mußten wir auch in einer freien Stunde auf die alten Samuraihäuser von Kanazawa verzichten, um in einem Omiyage-Laden Keramik zu erstehen, die in ihrer schlichten Scheußlichkeit jedem Asia-Shop in einer deutschen Innenstadt gut zu Gesichte gestanden hätte...
Das Erstaunliche war die Zufriedenheit der ein-heimischen Reiseteilnehmer. Sie kauften und kauften einfach alles, was man ihnen vor die Nase hielt. Ganze Familien schleppten sich mit XL-sizigen, superstabilen Tragetaschen ab, prall gefüllt mit Omiyage für die ganze heimatliche Kleinstadt. Je voller die Taschen, desto gelöster die Stimmung.
Einen anderen bleibenden Eindruck möchte ich auch noch weitergeben: Gruppenfotos! Versuchen Sie mal als Gaijin vom Dienst in Ihrer Gruppe, sich dem Fotozwang zu entziehen, etwa durch zügiges Eintreten in die Ausstellung oder Verstecken auf dem Klo. Es hilft nichts: "Weber-san! Machimasuyo!". Gruppe mit Bus, mit Betonwand, mit Meeresblick... Beim vierten Mal wurden wir in Feuerwehrkostüme gesteckt und mir wurde gleich eine enorm schwere Standarte in die Hand gedrückt, damit ich nicht wieder einen Fluchtversuch unternehmen konnte. Danach gab ich den Widerstand auf. Übrigens haben alle Reiseteilnehmer, die ich sah, von allen Gelegenheiten alle Bilder für je 1000 Yen erworben... die Reiseleiterin war so verzweifelt, daß ich keins kaufte, daß sie mir schließlich ein Bild schenkte. Das mit den Feuerwehrmännern.
Kann man eine solche Pack-Tour empfehlen? Sicherlich denjenigen, die sich intensiv mit dem Studium der Alltagskultur Japans, Abteilung Fremdenverkehrswesen, befassen. Für alle anderen stehen auf der Habenseite sicherlich die perfekte Organisation, die guten Unterkünfte und Verpflegung und natürlich der unschlagbare Preis. Japan lernen Sie sicher nicht kennen, man kommt nur dazu, einen flüchtigen Blick auf die Schönheiten der Reise zu werfen und sich fest vorzunehmen: Hierhin komme ich wieder, aber OHNE DIESE GRUPPE!
"Doppelte Kluft" und "Gruppe in Aktion" - Zur Überwindung der Stille im japanischen Klassenzimmer
von Simone Schiedermair
Allen bekannt sind die "Wechselspiel"-Arbeitsblätter.1) Wie die Verfasser M. Dreke und W. Lind in ihrer Einleitung darstellen, sollen die kommunikativen Fähigkeiten dadurch gefördert werden, daß die Lernenden in eine quasi echte Situation des Sprechens versetzt werden, eine Situation des Informationsdefizits; ein Defizit, das sie nur durch Fragenstellen an einen anderen ausgleichen können. Bei meinem ersten Einsatz dieser Arbeitsblätter in Japan wurde mir jedoch klar, daß man auch ganz anders damit umgehen kann, ja, daß man gänzlich ohne Sprechen die Aufgabe lösen kann. Sorgfältig, langsam und unter ausgedehnten Diskussionen in geflüstertem Japanisch schrieben meine StudentInnen die jeweils fehlende Information vom Arbeitsblatt ihrer PartnerInnen ab.
Da die einfache Lücke offensichtlich nicht ausreichte, führte ich nun eine zweite ein. So sorgt neben der Informationslücke jetzt zusätzlich eine räumliche "Kluft" dafür, daß auch in meinem japanischen Klassenzimmer, eine echte Sprechhandlung zustande kommt: Fragen und Antworten, die in hörbarer Lautstärke auf Deutsch formuliert werden. Als ich die StudentInnen das erste Mal damit konfrontierte, daß sie in zwei Reihen gegenüber stehen bzw. sitzen müssen, zwischen denen eine 2-3 Meter breite "Lücke" klafft, ihr Fragepartner sich jenseits dieser "Kluft" befindet, und es nur einen Weg gibt, diese zu überbrücken - nämlich ganz laut auf Deutsch zu rufen: "Was macht Herr Löwenherz, wenn er schlechte Laune hat?" - meinten sie, mich nicht richtig verstanden zu haben. Sie standen auf, um zu ihrer PartnerIn zu gelangen und sich wieder gegenseitig beim Abschreiben zu helfen. Als ich das jedoch nicht zuließ, sie plötzlich verstanden, wie diese neue Übungsform funktionieren soll, hatten sie zunehmend Spaß dabei. In der "Kluft" zwischen den beiden Reihen gehe ich hin und her, höre hierhin, höre dorthin, gebe Hinweise zur Aussprache, zur vorgegebenen Satzstruktur, zu was auch immer - eine gute Möglichkeit für Einzelkorrekturen. Alle StudentInnen befassen sich 20 Minuten in entspannter Atmosphäre mit einer kommunikativen Aufgabe. Und so rufen sie mit wachsender Begeisterung auf Deutsch durch den Raum: "Für wen ist der Apfel?" "Für Frau Hansemann." "Wie ist der Name?" Und Wunder über Wunder: In diesem Augenblick buchstabiert eine japanische Studentin einem japanischen Studenten einen deutschen Namen mit dem deutschen Alphabet in überraschender Deutlichkeit und Lautstärke. Inzwischen sind alle meine Klassen vertraut mit dieser Übungsform, und sie ist eine der Aktivitäten, die immer funktionieren, auch wenn die Klimaanlage dies nicht tut und die StudentInnen am Ende ihrer Konzentrationsfähigkeit sind.
Die zweite Aktivität nenne ich "Gruppe in Aktion". Sie ist ähnlich der Übungsform, daß jeder mit jedem einen vorgegebenen Dialog spricht, sich von seinem jeweiligen Partner eine Unterschrift geben läßt: Ich gebe eine Satzstruktur vor, z. B. die Frage "Was haben Sie gestern gemacht?" Jede StudentIn denkt sich nun eine Antwort aus. Mit Zettel - manchmal ist der von mir schon vorbereitet - und Stift ausgerüstet wird die zu behandelnde Frage nun an möglichst viele andere StudentInnen gestellt. Auf dem Zettel werden keine Unterschriften gesammelt. Stattdessen werden der Name der jeweiligen FragepartnerIn und die dazugehörige Antwort eingetragen. Jeder spricht also die behandelte Fragestruktur mehrere Male aus, antwortet mit seiner selbst entworfenen Antwort, erhält je verschiedene Antworten. Man muß sich hier allerdings damit abfinden, daß die Vorbereitungszeit, die die StudentInnen benötigen, um sich ihre Antwort auszudenken, in der Regel über die eingeplante Zeit hinausgeht. Weitere Beispiele für Fragen bzw. "Fragesets", die auf diese Weise gut geübt werden können: I). Was haben Sie verloren? Wo haben Sie es gesucht? Wo haben Sie es gefunden? (zu "Deutsch aktiv Neu 1 A, 6 A 4) II) Wohin gehen Sie morgen? Wo waren Sie gestern? Woher kommen Sie jetzt? (zu ebda. 7 B 3).
Bei beiden Aktivitäten müssen je zwei oder drei Fragen und die dazugehörigen Anworten als Hausaufgabe schriftlich fixiert werden, die ich dann noch einmal korrigiere.
1) Dreke, Michael und Wolfgang Lind: Wechselspiel. Sprechanlässe für die Partnerarbeit im kommunikati-ven Deutschunterricht. Arbeitsblätter für Anfänger und Fortgeschrittene. Berlin u.a. 1994. Langenscheidt.
Winter in Korea
von Michael Menke, Inchon (Südkorea)
Der Titel läßt eine schöngeistige Auseinandersetzung mit der kalten Jahreszeit in einem ostasiatischen Land vermuten - das ist es aber nicht. Der Titel könnte genausogut heißen "Sommer in Korea"; dann müßte man nur die Worte "saukalt" durch "tierisch heiß" ersetzen; das Wort "Heizung" durch "Klimaanlage". Alles andere ist gleich, oder entgegengesetzt. Außerdem bezieht der Text sich, dies ist schließlich ein Lektoren-Rundbrief, wissenschaftlich fundiert auf die Situation des Deutschunterrichts in der kalten Jahreszeit und den sogenannten Ferien. Also, ich fange an!
Der Winter in Korea ist saukalt! (Hier ist Raum für eigene kreative Ergänzungen des Lesers: setzen Sie bitte "Sommer" ein! ___). Und wenn es an einem Tag mal nicht saukalt ist, dann geht man nachmittags, bei strahlendem Sonnenschein, ohne Mütze und Schal aus dem Haus, sitzt in der geheizten U-Bahn (es ist ja Winter, dann wird laut Plan die U-Bahn bombastisch geheizt - es ist also tierisch heiß), steigt aus, schwitzt, draußen ist der Abend angebrochen, die Sonne ist weg, und es ist wieder saukalt. Die nächste Woche kann man wegen Grippe getrost vergessen.
Die Universitäten haben ab dem 10. Dezember Winterferien. Ich denke, der Grund ist, daß es, wie in allen öffentlichen Gebäuden, kaum Heizungen gibt. Also ist es in Korea im Winter in der Universität saukalt. Jeder Professor hat in seinem Arbeitszimmer einen kleinen Ölofen stehen, der einen Radius von etwa 50 cm beheizt. Während die Schuhspitzen anfangen zu schmoren, bilden sich im Nacken die ersten Eiszapfen.
Die Wasserleitung in meinem Büro ist eingefroren. Der einzige vernünftig gewärmte Raum des Gebäudes der geisteswissenschaftlichen Fakultät (an der Front ist ein Relief von Alfred Nobel zu sehen; das soll wohl heißen: Sprengt am besten den Laden mit Dynamit in die Luft) ist die Toilette. Dort sind immer viele Leute. In allen Räumen, Büros wie Vorlesungssälen, stehen zahllose teure Computer, Videorecorder, Fernsehgeräte und OHPs herum, die frieren sicher auch, aber die bekommen keine Grippe. Vielleicht ist das so, wie mit Lebensmitteln: Was man einfriert, hält länger.
Die Kälte fängt in Korea bereits im November an. Dann kann es schon mal -15 Grad werden. Der DaF-Lektor (hier haben wir endlich den fachlichen Bezug) merkt das daran, daß nur noch eine Handvoll StudentInnen am Unterricht teilnimmt; alle mit Schal, Mütze und Handschuhen bewaffnet, bibbernd in den hinteren Reihen sitzend, denn hinten sind die Fenster, und da ist es zwei Grad weniger kalt. Die Sätze schweben als gehauchte Nebelstreifen durch den Raum. Wenn ich jetzt noch auf die dumme Idee kommen sollte, aus "Deutschland - ein Wintermärchen" vorzulesen, wird die nächste Stunde meines Seminars boykottiert. Ein paar Studenten haben sich per E-mail entschuldigt (die Computer funktionieren also noch), z.B.: "Ich kann nicht kommen, meine Großmutter ist verstorben" (zum dritten Mal in diesem November). Alle anderen sitzen im nahegelegenen "Hof" (das ist das koreanische Wort für Kneipe), dort ist gut geheizt und man kann Bier vom Faß trinken - mithin ein gutes Stück deutscher Landeskunde, da gehe ich auch immer hin, wenn keine Studenten in den Unterricht kommen.
Die mündliche Abschlußprüfung findet in meinem Büro statt. Vier Stundenten und ich hocken um den Ölofen herum. Draußen, auf dem Flur, wartet die folgende Gruppe. Alle anderen Studenten wärmen sich im Toilettenraum auf und sind per Handphone in Kontakt mit der Flurgruppe.
Dann sind Ferien. Die Ferien dauern etwa zehn Wochen. Das ist eine lange Zeit. Kein Student ist in der Uni, alle sind zuhause. Denn koreanische Wohnungen haben eine Fußbodenheizung und sind im Winter mollig warm. So sitzt auch kein Student in den Ferien in der Bibliothek (die hat erst recht keine Heizung, denn Bücher sind, wie anderes Papier auch, geduldig und frieren nicht) und lernt oder wiederholt etwas. Zehn Wochen lang werden die Bibliothek oder andere ungeheizte Einrichtungen der Universität gemieden. Zehn Wochen lang vermeiden es die Studenten auch, sich mit dem Stoff des letzten Semesters zu beschäftigen. Denn das riefe nur fröstelnde Erinnerungen wach. Das heißt, daß sich nach den Ferien kaum noch jemand daran erinnert, was man vor den Ferien gelernt hat. Man fängt also wieder da an, wo man ungefähr im Oktober aufgehört hat.
In der ersten Stunde des Semesters, also Anfang März (es ist immer noch saukalt), sitzen alle Studenten im Hörsaal, schreiben ihre Namen auf die Anwesenheitsliste und kommen, wenn ich sie vorher nicht im "Hof" erwische, irgendwann im April wieder regelmäßig zum Unterricht.
Dann kommt der Wonnemonat Mai, nicht nur in Japan, sondern auch in Korea blühen die Kirschblüten. Dann fängt der Juni an, und langsam wird es schweineheiß. Die Unterrichtsräume haben keine Klimaanlage. Die Reihen der Studenten lichten sich, man trifft sich im "Hof", denn dort gibt es eine Klimaanlage. Jetzt kann der geneigte Leser wieder ergänzen...
Was will der Autor uns mit diesen Zeilen sagen?
1. In Korea ist es gar nicht so leicht, etwas zu studieren, vor allem nicht im Winter (im Sommer aber auch nicht), und Germanistik schon gar nicht. Wir Lektoren aus einem heizungstechnisch hochentwickeltem Land sollten uns da aber nicht so hervortun: im Winter sind die Toiletten der Freien Universität Berlin saukalt, also kein Ort zum Lesen von wissenschaftlicher Literatur.
2. Daß dennoch manche Studenten in den Ferien etwas tun, will ich natürlich auch nicht verschweigen. Doch, von Zeit zu Zeit sehe ich eine oder einen, vierfach verpackt, mit Ohrenschützern und Handschuhen, in der Bibliothek sitzen. Vielleicht schreibt er oder sie dann einen Aufsatz über "Die Kälte" von Thomas Bernhard oder verinnerlicht die Texte der "Winterreise".
3. Jeder Koreaner weist stolz darauf hin, daß es in seinem Land vier ausgeprägte Jahreszeiten gibt. Ich finde das auch prima, aber muß der Winter unbedingt so kalt sein ...?
4. Zugegeben: Es gibt schon eine paar wohlsituierte Unis mit Heizung in Korea, aber da arbeite ich leider nicht.
Ich weiß, daß das Klima in Japan ähnlich ist, habe von dort auch schon grauenerregende Berichte über eiskalte Winter und Häuser mit Papierwänden gehört. Sie können also gern, wenn dem so ist, diesen Text umschreiben und immer statt "Korea" "Japan" einsetzen. Sie können diesen Text auch ihren Studenten, aufbereitet als Lückenübung, vorlegen. Ich bin gespannt, was dabei herauskommt.
Beste Grüße,
Michael Menke
Seoul, Korea (19. Januar, -13 Grad)
Shiso-Pflaumen-Röllchen
Zutaten (pro Röllchen):
Zubereitung:
Man nehme zwei hauchdünne Scheiben Schweine-fleisch, lege sie auf ein Brett, salze und würze sie mit Pfeffer aus der Mühle. Man lege auf die eine Scheibe zwei Blätter Shiso und verteile gleichmäßig eine kleingeschnibbelte Umeboshi auf der ganzen Fläche. Man rolle das ganze zu einem gleichmäßigen Röllchen. Dieses Röllchen wird wiederum von der zweiten Scheibe Fleisch so eingerollt, daß kein Shiso mehr herausguckt.
Die fertigen Röllchen kommen auf das Backblech, man beträufle die Röllchen mit Olivenöl und schiebe das Backbleck in den auf 200 Grad Celsius vorgeheizten Ofen. Dann werden die Röllchen je acht Minuten lang auf der oberen und der unteren Seite gegrillt. Je nach Ofen und Röllchen kann die Grillzeit auch etwas länger oder kürzer sein.
Guten Appetit !
Übrigens: Ich habe eine neue Adresse !
Martina Gunske von Kölln
980-8576 Sendai-shi; Kawauchi, Aoba-ku
Tohoku University Faculty of Language & Culture
Tel.: 022-217-7541
e-mail: [email protected]
Vermögensplanung (I)
Das Leben ist kurz - warum sparen? Drei Gründe und drei Strategien
von Sylvia Löhken, Tokyo
(Zum Thema Vermögensplanung will die Finanz-AG in regelmäßigen Abständen Artikel publizieren, in denen verschiedene Anlagemöglichkeiten vor-gestellt und verglichen werden.)
Geld kann man nie genug haben, und entsprechend bleibt meistens auch nicht viel zum Sparen übrig, wenn man nicht konsequent regelmäßig etwas zur Seite legt. Hier sind drei gute Gründe, die dafür sprechen, systematisch zu sparen - zusammen mit einigen grundsätzlichen Strategien für ein vernünftiges 'Parken' der angesammelten Beträge. Diese Strategien beziehen sich auf eine Geldanlage in Deutschland.
1. Grund (kurzfristige Planung): Einen Not-groschen für schwarze Tage haben
Eine Rücklage für alle Fälle ist beruhigend, auch wenn man sie nicht braucht, weil immer nur andere von Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Naturkata-stophen heimgesucht werden. Natürlich können wir uns umfassend über Sozial-, Haftpflicht-, Unfall-, Hausrats-, Berufsunfähigkeits- und Lebensversiche-rungen finanziell schützen. Das ist aber erstens teuer, bringt zweitens (außer bestimmten Lebensversiche-rungen) keine Erträge und garantiert drittens nicht, dass der Fernseher oder das Auto es noch zehn Jahre tun.
Die Strategie: Ein alter Richtwert besagt, dass ein Notgroschen aus ungefähr drei Monatsgehältern (netto) bestehen sollte. Die Summe, die man gern im Rücken haben möchte, hängt aber stark von der eigenen Situation ab (Kinderzahl, Immobilienbesitz, Arbeitsplatzrisiko...).
Der Notgroschen hat es an sich, dass man im Fall des Falles schnell an ihn herankommen muss. Wo man ihn parkt, hängt zum einen von der Summe ab, zum anderen auch von persönlichen Vorlieben. Bis zu etwa 10.000 DM kann man auf dem guten, alten Sparbuch* lassen, das zwar jämmerlich wenig Zinsen bringt, aber dafür das Geld ständig zur Verfügung hält: 3.000 DM können pro Kalendermonat (also z.B. auch am 31. März und sofort wieder am 1. April) ohne vorherige Kündigung von einem Sparkonto abgehoben werden. Zusätzliche Beträge müssen eigentlich 90 Tage vor dem Abheben gekündigt werden, aber wenn man eine geringe Summe sogenannter Vorschusszinsen zahlt (zur Zeit rund 0,5 % für die ungekündigte Zeit, also maximal für 90 Tage), dann kommt man auch an höhere Beträge sofort heran. Einen Notgroschen, der über 10.000 DM hinausgeht, kann man lukrativer auf Festgeldkonten* oder in Geldmarktfonds* anlegen. Auch bei diesen Anlageformen kommt man bei Bedarf schnell an die Rücklage heran und muss keine Verluste befürchten.
2. Grund (mittelfristige Planung): Sich über Chancen und Unverhofftes freuen können
Endlich die ideale Wohnung gefunden? Nachwuchs sagt sich an? Bei Ihrem Antiquitätenhändler steht die Biedermeierkommode (oder der Tansu) Ihrer Träume? Ein wenig Geld im Rücken ist unkomplizierter und billiger als Kredite - und erspart Ihnen außerdem finanzielle Einschnitte in anderen Lebensbereichen.
Die Strategie: Beträge, die über den Notgroschen hinausgehen, die aber trotzdem relativ schnell verfügbar sein sollen, können in diversen fest-verzinslichen Wertpapieren* bessere Erträge bringen als auf dem Sparbuch* - wenn man schon Geld zur Verfügung hat und nicht erst eine höhere Summe zusammensparen muss. In diesem Fall kann man auf dem Sparbuch* oder auf einem Geldmarktfondkonto* Sparraten ansammeln und das Geld später umschichten. Eine Alternative: Regelmäßig kleinere Bundesschatzbriefe* kaufen, die schon ab 100 DM zu haben sind.
3. Grund (langfristige Planung): Nicht auf falsche Versprechungen hereinfallen
Viele von uns sind rentenversichert. Leider garantieren unsere Beiträge aber weder in Deutschland noch in Japan, dass wir im Alter auch unser Auskommen haben: Das Geld, das wir heute in die Rentenkassen einzahlen, wird für die jetzigen Ruheständler ausgegeben, und was wir einmal bekommen, hängt von zukünftigen Generationen ab, die bereit sind, unsere Rente über ihre Beiträge zu finanzieren. Der Haken: In Deutschland kommen heute einhundert Beitragszahlende für 36 Rentner auf. Schon im Jahre 2010 versorgen einhundert Beitragszahlende 62 Rentner, im Jahre 2040 gar 70 Rentner. In Japan sieht es eher noch schlechter aus. Deshalb kann das momentane Rentenniveau mit Sicherheit nicht gehalten werden, und wer auch mit siebzig einen vernünftigen Lebensstandard haben will, nimmt die Vorsorge dafür besser zumindest zum Teil in die eigenen Hände, anstatt sich auf eine staatliche Versorgung zu verlassen.
Einige Vorsichtige denken bei langfristigen Finanzplanungen auch an die Ausbildung ihrer Kinder: Nichts garantiert, dass die Ausbildung in Deutschland weiter gratis bleiben wird (Studiengebühren!), und viele aus unserer Generation waren auch ansonsten lange von den Eltern abhängig, so dass wir schon wissen, wie teuer Kinder sind. Ein dritter Grund für längerfristige Sparpläne ist die Absicht, einmal ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen.
Die Strategie: Gelder, die langfristig (also mindestens 6-8 Jahre) angelegt werden, müssen nicht immer verfügbar sein, so dass ein vorübergehendes Sinken des (Kurs-)Wertes nicht weiter beunruhigend ist. Deshalb bieten sich neben festverzinslichen Wertpapieren* und Rentenfonds* auch Anlagen in Aktien* und Aktienfonds* an, wenn wir mit dem Ersparten ordentliche Erträge gewinnen wollen. Zum Vergleich: In den zehn Jahren zwischen 1980 und 1990 wurden aus 10.000 DM in deutschen Aktien* durchschnittlich 32.950 DM. Der gleiche Betrag brachte im gleichen Zeitraum auf dem Sparbuch* 13.439 DM (bei einem Zinssatz von 3 %). Allein der laufende Geldwertverlust (Inflationsrate) knabbert das, was auf der hohen Kante liegt, laufend an: Unser Betrag von 10.000 DM schmolz, wenn er 1973 in Deutschland angelegt wurde, in 25 Jahren - also bis 1998 - auf einen Wert ('Kaufkraft') von 5536,80 DM zusammen. Fazit: Wer all seine mühsam ersparten Taler ausschließlich auf einem Sparkonto* verwahrt, verliert ständig Geld, denn die mageren Sparzinsen decken in aller Regel nicht einmal die Geldwertverluste ab.
Fortsetzung folgt!
* Alle mit Stern markierten Anlageformen werden in künftigen Beiträgen genauer erläutert.
Sylvia Löhken, Tokyo
23.4.1999
Einführungsseminar für neueingereiste Lektorinnen und Lektoren in der DAAD-Außenstelle Tokyo (Kontakt:
[email protected]; Fax (03)3582-5554) BITTE WEITERSAGEN !
15.5.99
Lektorentreffen der Lektorenvereinigung Korea im Goethe-Intitut Seoul (Kontakt: Michael Menke; email: [email protected])
21.5.99
Großes Lektorentreffen an der Sophia-Universität, Tokyo
22.-23.5.99
Frühlingstagung der Japanischen Gesellschaft für Germanistik an der Sophia-Universität, Tokyo
1.-6.8.99
12th World Congress of Applied Linguistics (AILA 99)
(http://www.langue.hyper.chubu.ac.jp/jacet/AILA99)
21.-24.8.99
Asiatische Germanistentagung in Fukuoka ([email protected];
http://wwwsoc.nacsis.ac.jp/jgg/dokubun/asia721.htm)
11.-14.11.99
Lektorenfachseminar des DAAD in Yoshino - ausführliche Informationen folgen separat!